| Helena Betz
Pharmakovigilanz in klinischen Studien
Klinische Studien und die Rolle der Pharmakovigilanz
Bevor ein neues Arzneimittel zugelassen werden kann, muss es in einer klinischen Studie auf seine Sicherheit und Wirksamkeit getestet werden. Daher stellen klinische Studien einen wichtigen Bestandteil der medizinischen Forschung dar.
Allerdings gehen Studien auch mit Risiken einher. Die Pharmakovigilanz stellt daher während der klinischen Studien sicher, dass die Sicherheit der Teilnehmerinnen und Teilnehmer gewährleistet wird und alle sicherheitsrelevanten Informationen frühzeitig erfasst und gemeldet werden.
Was sind klinische Studien?
Um die Sicherheit und Wirksamkeit von neuen Medikamenten, Impfstoffen, medizinischen Geräten oder Behandlungen zu überprüfen, werden in klinischen Studien systematische Untersuchungen am Menschen durchgeführt. Diese folgen einem Studienprotokoll, in dem festgelegt ist, wie die Studie durchgeführt wird, welche Patienten teilnehmen dürfen und welche Ergebnisse gemessen werden.
Grundsätzlich sind zwei Studientypen zu unterscheiden:
- Nicht-interventionelle Studien: Beobachtungsstudien ohne jegliche gezielte Intervention.
- Interventionelle Studie: Diese Studien sind in der Regel Therapiestudien, bei denen eine neue Behandlungsmethode aktiv erprobt wird, zum Beispiel die Einnahme eines neuen Arzneimittels. Eine Intervention ist eine Maßnahme, die den Ausbruch oder das Fortschreiten einer Erkrankung verhindern soll.
Phasen der klinischen Studien
Interventionelle (Arzneimittel-)Studien werden in vier Phasen eingeteilt.
Bevor ein Wirkstoff jedoch an Menschen getestet werden kann, durchläuft er ein sogenanntes präklinisches Entwicklungsprogramm, in dem die Substanz auf mögliche schädliche Wirkungen getestet wird. Nur dann, wenn ein Stoff alle vorgeschriebenen vorklinischen Versuche bestanden hat, darf er auch an Menschen erprobt werden.
- Phase I-Studien konzentrieren sich auf die Sicherheit und Verträglichkeit eines neuen Medikaments. Sie werden an einer kleinen Gruppe von gesunden Freiwilligen durchgeführt.
- Phase II-Studien sind bereits etwas größer angelegt und untersuchen die Dosierung sowie die Wirksamkeit und mögliche Nebenwirkungen des Medikaments an Patientinnen und Patienten, die an der Erkrankung leiden, für deren Behandlung das Medikament eingesetzt werden soll.
- Phase III-Studien sind meist Vergleichsstudien, in denen Patientinnen und Patienten, die die zu untersuchende Behandlung erhalten, mit einer Kontrollgruppe verglichen werden, die eine andere Behandlung erhält.
- Phase IV-Studien finden statt, wenn das Medikament bereits auf dem Markt ist. Arzneimittel können so auf Langzeitwirkungen und seltene Nebenwirkungen überprüft werden.
In jeder Phase dieser Studien ist es von entscheidender Bedeutung, dass auftretende Nebenwirkungen genau überwacht und dokumentiert werden, um die Sicherheit der Teilnehmer zu gewährleisten und die regulatorischen Anforderungen zu erfüllen.
Rechtliche Grundlage klinischer Studien
Um die ethischen und regulatorischen Standards einzuhalten und den Schutz der Studienteilnehmerinnen und Studienteilnehmer zu gewährleisten, ist die rechtliche Grundlage von klinischen Studien durch eine Reihe von Vorschriften und Richtlinien festgelegt.
Internationale Richtlinien wie die Deklaration von Helsinki, GCP-Standards und spezifische gesetzliche Regelungen wie die EU-Verordnung 536/2014 (Clinical Trial Regulation) stellen sicher, dass klinische Studien verantwortungsvoll und transparent durchgeführt werden.
Aufgaben der Pharmakovigilanz in klinischen Studien
Die Pharmakovigilanz spielt eine zentrale Rolle bei der Überwachung der Sicherheit während klinischer Studien. Zu den zentralen Aufgaben gehören unter anderem:
1. Erfassung und Überwachung von unerwünschten Ereignissen:
Alle unerwünschten Ereignisse, die während einer klinischen Studie auftreten, müssen erfasst und bewertet werden. Diese können von milden Reaktionen, wie Übelkeit oder Kopfschmerzen, bis hin zu schwerwiegenden Ereignissen, wie lebensbedrohlichen Zuständen oder Todesfällen, reichen. Die Daten werden kontinuierlich überwacht, um Muster oder unerwartete Häufungen von Nebenwirkungen zu erkennen.
2. Meldung von SUSARs (Suspected Unexpected Serious Adverse Reactions):
Eine der wichtigsten Aufgaben der Pharmakovigilanz in klinischen Studien ist die Meldung von unerwarteten, schwerwiegenden unerwünschten Arzneimittelwirkungen (SUSARs). Die Definition basiert auf der Verknüpfung der Begriffe schwerwiegende Nebenwirkung (Nebenwirkung, die zum Tode führt, lebensbedrohlich ist, eine stationäre Behandlung erforderlich macht oder verlängert, zu bleibender oder schwerwiegender Behinderung bzw. Invalidität führt, oder kongenitale Anomalien hervorruft) und unerwartete Nebenwirkung (Nebenwirkung, die nach Art oder Schweregrad nicht mit der vorliegenden Information über das Prüfpräparat übereinstimmt). Damit eine schwerwiegende, unerwartete Nebenwirkung zum SUSAR wird, muss außerdem ein kausaler Zusammenhang zum Prüfpräparat festgestellt werden.
Da SUSARs sowohl unerwartet als auch ernst sind, müssen sie umgehend an die zuständigen Behörden gemeldet werden, um schnelle Reaktionen zu ermöglichen, wie z.B. die Anpassung des Studienprotokolls oder im Extremfall den Abbruch der Studie. Die Meldung von SUSARs erfolgt über EudraVigilance über das Clinical Trial Module.
3. Periodische Berichte und Bewertung des Nutzen-Risiko-Profils
Anhand der in den Studien erhobenen Daten, bewertet die Pharmakovigilanz fortlaufend das Nutzen-Risiko-Verhältnis des Arzneimittels. Durch die systematische Erfassung und Analyse von Sicherheitsdaten können potenzielle Risiken frühzeitig identifiziert und entsprechende Maßnahmen ergriffen werden.
Die Pharmakovigilanz trägt auch zur Erstellung der periodischen Berichte (Development Safety Update Reports (DSURs) bei. Diese müssen einmal jährlich oder auf Verlangen eingereicht werden und bieten einen Überblick über das Sicherheitsprofil des Produkts und dessen Entwicklung im Laufe der Studie.
Die Bedeutung von Pharmakovigilanz für den Erfolg klinischer Studien
Die Pharmakovigilanz spielt eine entscheidende Rolle in klinischen Studien. Sie stellt sicher, dass alle sicherheitsrelevanten Daten korrekt erfasst und bewertet werden, um so das Risiko neuer Medikamente oder neuer Behandlungen korrekt einzuschätzen. Da die Erkenntnisse zu Prüfpräparaten anfangs begrenzt sind, trägt die kontinuierliche Erfassung und Auswertung von unerwünschten Ereignissen dazu bei, die Nutzen-Risiko-Bewertung eines neuen Medikaments zu optimieren. So wird sichergestellt, dass neue Arzneimittel nicht nur wirksam, sondern auch sicher sind.
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