| Dr. Lisa Held, Thomas Weßling
Der Weg der Prozessdigitalisierung in der Pharmakovigilanz
Eingebettet in die Digitalstrategie der HWI group wird in der Abteilung Vigilance and Quality Services der Prozess der ICSR-Bearbeitung in der Pega-Plattform vollständig digital umgesetzt.
ICSR steht für Individual Case Safety Report. Dieser Prozess der Sammlung und Bewertung eingehender Verdachtsfälle unerwünschter Arzneimittelwirkungen stellt einen der wichtigsten Pfeiler der fortlaufenden Überwachung der Risiken in Relation zum Nutzen eines Arzneimittels dar.
Welche Vorteile bietet uns der digitale Prozessablauf
Die Bearbeitung von ICSRs ist der mit Abstand komplexeste Prozess in der Pharmakovigilanz. Eingehende Meldungen müssen in bestimmter Art und Weise dokumentiert, bewertet und letztlich an die zuständige Behörde gemeldet werden. Zusätzliche Komplexität bekommt der Prozess dadurch, dass bei jedem Fall mindestens zwei Mitarbeiterinnen bzw. Mitarbeiter mit unterschiedlichen Berechtigungen beteiligt sind und gerade bei Meldungen, die von Patienten getätigt werden, ungenaue oder unvollständige Angaben gemacht werden.
Die HWI group hat das große Potential erkannt, das im Hinblick auf Effektivitätssteigerung sowie Einhaltung der hohen Qualitätsstandards der Gruppe in der Digitalisierung dieses Prozesses steckt. Umgesetzt wurde er durch ein multidisziplinäres Team aus Spezialisten der Abteilungen Digital-Unit sowie Pharmakovigilanz in der Low-Code-Plattform Pega. In der neuen Lösung innerhalb der Pega-Plattform werden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durch den Prozess geleitet, Übergaben an Kolleginnen und Kollegen erfolgen mittels automatisierter E-Mail-Benachrichtigung, offene Aufgaben werden getrackt und Fristen nachgehalten. Das System automatisiert die Organisation der Aufgaben und übernimmt zusätzlich das nach GxP erforderliche Auditing. Damit können sich die PV-Expertinnen und -Experten vollständig auf die eigentlich fachlich herausfordernden Tätigkeiten fokussieren: die korrekte Einstufung und Bewertung der Meldungen.
Warum hilft mir Low-Code / No-Code meine Prozesse zu digitalisieren?
Low-Code- / No-Code-Plattformen – wie die Pega-Plattform – sind durch die visuelle Art der Programmierung sehr anschaulich und damit vergleichsweise einfach zu bedienen. Viele Elemente, die Prozessen unabhängig ihrer Spezifika gemein sind, wie Formulare, Regeln, Nachalten von Fristen oder Reportings sind analog eines Baukastensystems bereits vorhanden und können nach eigenen Wünschen zusammengestellt werden. Diese vorgefertigten Softwarebausteine machen es möglich Business-Apps mit Low-Code-Plattformen deutlich schneller zu entwickeln als mit herkömmlicher Softwareentwicklung.
Zusätzlich konnte das Team aus Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Pharmakovigilanz und Software-Entwicklern der HWI group zeigen wie gut ein gemeinsames Verständnis zu Anforderungen und Umsetzbarkeit innerhalb solcher Low-Code- / No-Code-Plattformen gelingt. Die grafische Programmierung erleichtert es zu jedem Zeitpunkt innerhalb der Entwicklung miteinander in eine Diskussion einzutreten, in der direkt der Zwischenstand der Entwicklung gezeigt werden kann. Gerade diese immer wiederkehrende Abstimmung zwischen Software-Entwicklerinnen und -Entwicklern und Fachbereich ist ein zentrales Element innerhalb eines solchen Projektes und kann bei Misslingen gleichzeitig eines der größten Hemmnisse von Digitalisierungsprojekten darstellen. Durch Feedback in Echtzeit können Entwicklerinnen und Entwickler sofort Änderungen verproben und Anpassungen passgenau für den Fachbereich vornehmen. Damit kommt diese Art zu Entwickeln der Idee von Design Thinking sehr nahe, bei dem der Endanwender in den Fokus der Anwendung gestellt wird. Die von HWI gewählte Low-Code- / No-Code-Umgebung Pega geht hier sogar noch einen Schritt weiter und etabliert Anwender direkt als Persona – im Design Thinking eine prototypische Charakterisierung einer bestimmten Nutzergruppe –, um die herum die Anwendung geplant und gebaut wird. Die Kombination aus Nutzer-zentrierter Entwicklung und iterativer, agiler Arbeitsweise schafft so ideale Bedingungen für eine gelungene Prozessdigitalisierung, die Fachbereiche mitnimmt und hohe Akzeptanz der entwickelten Lösung sicherstellt.
Neben reibungslosen internen Abläufen als Grundlage qualitativ hochwertiger Dienstleistungen, liegt der Fokus der HWI group auf der Zufriedenheit unserer Kunden. Für uns als Dienstleister hat die maßgeschneiderte Prozessdurchführung für unsere Auftraggeber die oberste Priorität. Bei Bedarf können Anpassungen „hinter den Kulissen“ vorgenommen werden, um so spezifische Änderungswünsche und komplexe Prozessschritte maßgeschneidert implementieren zu können. Durch den Vorteil der Standardisierung mittels Low-Code / No-Code schaffen wir es so, Standard-Aspekte unkompliziert zu digitalisieren und uns für die wirklich spannenden Aspekte Zeit zu nehmen, die unseren Auftraggebern einen echten Mehrwert liefern.
Warum ist Low-Code / No-Code besser für die Validierung GxP-relevanter Prozesse?
Das regulierte Umfeld stellt besondere Herausforderungen an die Entwicklung von Software und definiert u.a. sogenannte nicht-funktionale Anforderungen – also, wie Software zu funktionieren hat. Ein Beispiel hierfür ist die Datenintegrität. Für jeden gespeicherten Datensatz (sog. Electronic Record) muss zu jedem beliebigen Zeitpunkt die Korrektheit, Vollständigkeit und Konsistenz sichergestellt und nachgewiesen werden.
Diese Leitplanken lassen sich auch in der klassischen Software-Entwicklung als Anforderungen aufnehmen und integrieren, hier ist jedoch zu beachten, dass dies für jede Anwendung separat und immer wieder neu geschehen und getestet werden muss. In Low-Code- / No-Code-Lösungen werden nicht-funktionale Anforderungen bereits auf Plattform-Ebene bereitgestellt und sind damit in allen Anwendungen, die darauf aufbauen nutzbar. Gängige Anforderungen, die sich spezifisch aus dem Bereich Pharma und Life Sciences ergeben, wurden von Anbietern der Low-Code- / No-Code-Plattformen bereits berücksichtigt, implementiert und zum großen Teil von externer Seite zertifiziert, was eine Validierung selbst-implementierter Prozesse deutlich erleichtert.
Neben der Umsetzung von validierungsspezifischen Anforderungen wird dem Thema Softwarequalität durch Standardisierung bei Low-Code / No-Code ein sehr großer Stellenwert eingeräumt. Es existieren eine integrierte Entwicklungs- und Betriebsumgebung: Während typischerweise Entwickler in „ihrer Welt“, also einer komplett losgelösten Arbeitsumgebung Software entwickeln, die dann zum Zeitpunkt eines Release in einem meist komplexen Prozess auf die Zielgeräte der Endanwenderinnen und Endanwender übertragen wird, arbeiten bei Low-Code- / No-Code-Umgebungen beide Parteien in der gleichen Umgebung. Von der eigentlichen Entwicklung, über Testing, bis hin zum Betrieb der Anwendung wird daher eine konstante Umgebung verwendet. Das reduziert zum einen den Aufwand für Releases (das Bereitstellen neuer Versionen einer Anwendung) und ermöglicht zum anderen eine integrierte Testumgebung, die frei von Einflüssen des finalen Endgeräts ist.
Testing ist in Low-Code- / No-Code-Umgebungen bereits ein fest integrierter Bestandteil, der analog zum übrigen Baukastenprinzip verwendet werden und bei Bedarf individuell erweitert werden kann. So ist es möglich, schnell standardisierte Test- und Prüfroutinen zu integrieren, die sich im Rahmen der Softwareentwicklung im validierten Kontext ergeben.
Ergebnis: mehr Effizienz und Sicherheit.
Unsere Low-Code- / No-Code-Anwendung zur Bearbeitung von ICSRs ist eines von mehreren Projekten mit deren Hilfe wir daran arbeiten, die Pharmakovigilanzprozesse effizienter zu gestalten und damit letztlich Arzneimittel sicherer zu machen und damit auch weiterhin Vertrauen in die Produkte unserer Kunden zu schaffen.